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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783150106105
Sprache: Deutsch
Umfang: 229 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 20 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Paul Cezanne, gern als "Vater der Moderne" apostrophiert, der Einzelgänger, der zeitlebens auf der Suche nach dem eigenen Weg war, wird in dieser Biographie des in Paris lebenden Kunsthistorikers Peter Kropmanns als Mensch und Maler fassbar. Ausführlich zitiert Kropmanns Cezannes Briefe an die Familie, die Freunde, an Kunsthändler und Sammler und verschafft so Einblick in dessen Vorstellungen, Erwartungen, Sorgen und Arbeit. So wird verständlich, warum Cezanne zu Lebzeiten kein Erfolg beschieden war, er aber bald nach seinem Tod zum wegweisenden Künstler des 20. Jahrhunderts wurde.

Leseprobe

Wie vielfach angekündigt, kehrt Cezanne 1879 nach Paris zurück, um dann jedoch eine Wohnung in Melun zu mieten, was ihm erlaubt, schnell in der Natur zu sein und günstiger zu leben, bei Bedarf aber unverzüglich in die Hauptstadt zu gelangen. Schon wegen seiner Lage markiert dieser Schritt einen neuen Abschnitt, denn Melun liegt an der oberen, nicht, wie etwa Bennecourt, an der unteren Seine. Von der kleinen, eine gute halbe Stunde Eisenbahnfahrt vom Pariser Südosten entfernten Stadt gelangt er rasch in den Wald von Fontainebleau, an dessen Säumen die Dörfer Chailly-en-Biere und Barbizon liegen, zwei Ortschaften, die in die Kunstgeschichte eingegangen sind, seitdem hier etwa Corot, Millet, Rousseau, später auch Monet gemalt haben. Motive sucht Cezanne aber nachweislich in Maincy, einem in anderer Richtung, zum Schloss Vaux-le- Vicomte hin gelegenen Dorf, dessen kleine alte Brücke ihn zu einem Bild anregt. Dennoch bleibt er Paris verbunden, wo er sich gegen eine Teilnahme an der vierten Ausstellung der Impressionisten entscheidet, zugunsten einer Teilnahme am Salon, dessen Jury ihn erneut ausschließt, obwohl mittlerweile sein Malerfreund Guillemet, der für ihn votiert, ihr Mitglied ist. Auch besucht er Zola in Medan, gut zwanzig Kilometer nordwestlich von Paris entfernt, wo er gut zehn Tage bleibt, um das Anwesen seines durch den Erfolg des Romans L'Assommoir zu Wohlstand gelangten Freundes sowie die Umgebung kennenzulernen. Cezanne muss sehr beeindruckt sein: Obwohl Zola seine Stadtwohnung in der Pariser Rue de Boulogne [heute Rue Ballu] beibehält und das Medanaiser Domizil als Landsitz für die schöne Jahreszeit betrachtet, hat er keine Kosten und Mühen gescheut. Kurz nach dem Erwerb eines relativ kleinen und bescheidenen Hauses, das er als 'Kaninchenstall' bagatellisierend zu apostrophieren pflegt, hat er damit begonnen, es nach eigenen Plänen zu erweitern und auszustatten, seinem Geschmack entsprechend und auf seine Bedürfnisse zugeschnitten. (...) Cezannes erster Aufenthalt in Medan gilt aber natürlich nicht nur dem Anwesen, sondern auch Unterhaltungen über Kunst und Literatur. Er erlaubt ihm, mit Zola im persönlichen Gespäch Diskussionen fortzusetzen, die in den vorangegangenen Jahren hauptsächlich durch Briefe geführt wurden. Cezanne hat sich dabei als stets an Zolas Schriften und auch an seinen weiteren literarischen, insbesondere die Bühne betreffenden Ambitionen interessierter Leser und Gesprächspartner erwiesen. Nicht selten macht er seinem Freund Komplimente, lobt den einen oder anderen Einfall oder die Beschreibung einer bestimmten Atmosphäre. Gelegentlich - wie in einem Brief aus L'Estaque im September 1878 - drückt er seinen Stolz aus: "Ich habe einen gewissen Architekten Huot getroffen, der ein großes Loblied auf Dein gesamtes Werk der 'Rougon-Macquart' anstimmte und mir sagte, daß es von den Leuten, die etwas davon verstünden, sehr geschätzt sei. Er fragte mich, ob ich Dich sähe; ich sagte: zuweilen - ob Du mir schriebst; ich sagte: letzthin. Erstaunen, und ich stieg in seiner Achtung." Ein vielleicht noch größeres Kompliment macht Cezanne seinem Freund, als er ihm im Oktober 1879 von Melun aus und nachdem Zola ihm eine Eintrittskarte für die Aufführung eines Theaterstücks in Paris besorgt hatte, in einer Mischung aus Ungeschicklichkeit und erfrischender Direktheit wissen lässt: "Ich habe mir 'L' Assommoir' angesehen, worüber ich sehr zufrieden bin. Ich hatte einen Platz, wie er gar nicht besser sein konnte, und habe überhaupt nicht geschlafen, obwohl ich mich gewöhnlich kurz nach acht Uhr ins Bett lege." Es bleibt nicht bei diesen Worten. Im Gegenteil liefert er geradezu eine kleine Rezension mit, die zum einen zeigt, dass Cezanne sich aufmerksam mit dem Stück Zolas und seiner Inszenierung auseinandergesetzt hat und, andererseits, sein frühes Interesse an Literatur im weitesten Sinne und sein diesbezüglicher Horizont mit den Jahren nicht gänzlich vom durch andere Dinge prägenden ...