Nach dem Rottweiler Stadtbrand von 1696 sollte Heilig Kreuz als Hauptkirche der Reichsstadt Rottweil ein neues Gestühl erhalten. Vier einhei-mische Schreiner übernahmen den Auftrag, für die Gemeinde nicht nur ein praktisches Kirchen-gestühl herzustellen, vielmehr sollte es im Be-reich der Stuhlwangen inhaltlich und von der kunsthandwerklichen Qualität her auch etwas Besonderes werden. Man orientierte sich dabei vor allem an bildnerischen Vorlagen der damals volkstümlichen Grafik mit religiöser Symbol-kraft. So wurden mehr als 100 Stuhlwangen als Flachreliefs geschnitzt, mit stili-siertem Akanthus als ornamentalem Beiwerk.
Die barocken Stuhlwangen von Heilig Kreuz in Rottweil gelangen inhaltlich und ästhetisch. Offenbar führte dies dazu, dass im 18. Jahrhundert so gut wie alle Rottweiler Kirchen Gestühle mit sehenswerten Stuhlwangen erhielten. Auch über Rottweil hinaus mag dies gewirkt haben, wie das Beispiel der Wall-fahrtskirche auf dem Palmbühl bei Schömberg und der damaligen Klosterkirche der Dominikanerinnen in Kirchberg zeigen kann. Da überrascht es nicht, dass die barocken Stuhlwangen von Heilig Kreuz auch die jüngste Renovierung des Rottweiler Münsters überlebt haben.
Neckartal